rahelhegnauer

Mute / Wenn die Stille zum Bild wird - Kerkrade, Niederlande, 2015

*english*

Hintergrund:
Kerkrade kämpft mit den Symptomen einer shrinking city. Seit dem Mittelalter bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts wurde hier und in der Region Zuid-Limburg Steinkohle abgebaut. Trotz rigorosen Restrukturierungsplänen konnte nicht verhindert werden, dass Kerkrade und Umgebung unter Überalterung leidet und verlassen scheint.


Blow up (van zwart naar groen)
Stundenlang schaute ich mir Kopien aus dem regionalen Filmarchiv von Heerlen an (Rijckheyt - Centrum voor regionale geschiedenis). Mich interessierten die digitalisierten S-8 Filme des Amateurfilmclubs Hoensbroek, welche ausschweifend die Konsequenzen des 1965 vom Staat gefällten Entscheids die Minen in Zuid-Limburg zu schliessen, dokumentierten.
Das Filmmaterial umfasste den Zeitraum von Mitte der 60er- bis Mitte der 70er Jahre. Es zeigt das Sprengen der Kamine und der industriellen Gebäude, das Abbauen der Schutthügel und das Errichten von neuen Wohnsiedlungen und Pärken. Diese Umstrukturierung einer jahrzehnte- und jahrhunderte alten Industrieregion in eine Region der Dienstleistungen erhielt den Namen: Van zwart naar groen (Von schwarz zu grün).

Vor allem aber richtete die Kamera sich auf die Menschen, die meist in Gruppen am Strassenrand standen und zusahen, wie Gebäude und ganze Areale abgerissen und zerstört wurden. Viele von den Zuschauern hatten jahrelang und in mehreren Generationen in der Kohlenindustrie gearbeitet.
Der stumme, passive Blick - der Kamera auf die Menschen - oder der Menschen auf das Geschehen (wobei dieses sich in dem Moment ausserhalb des Filmausschnitts befand) - wurde für mich die Basis und Auslöser der Arbeiten: mute - Wenn die Stille zum Bild wird.


The Miners' Monument
(D'r Jeop)
An einem Ende vom Marktplatz von Kerkrade steht eine Bronzestatue eines Minenarbeiters und schaut über den auch unter der Woche meist leeren Platz. Ich filmte die Statue von hinten in Hochformat. Für die Projektion baute ich eine Art Dunkelkammer, abgedunkelt durch schwere Bühnenvorhänge, welche auch den Schall dämmten.
Der unbewegte Bildausschnitt betont zusätzlich das dem Denkmal immanent statische Element und der Besucher ist umso mehr mit der Stille des Marktplatzes konfrontiert. Unterbrochen nur durch ein gelegentliches Queren vereinzelter Menschen, sei es eine ältere Dame, die eine Gehhilfe vor sich her schiebt, oder auch nur Tauben, die um das Denkmal herum Körner picken.


The Rehearsal
(Mannenkoor)
Aus der Zeit der Minenindustrie und deren Gewerkschaften haben sich viele Vereine erhalten. Unter anderem der Koninklijk Kerkraads Mannenkoor St.Lambertus. Der Chor trifft sich jeden Freitagabend in einem Saal eines Restaurants in Kerkrade und hält eine Probe ab.
Ich nahm eine Probe auf, in der sie sich auf ein Konzert im Rahmen der Festlichkeiten des Jahrs der Minen 2015 vorbereiteten. Dabei übten sie auch das Lied „Glück auf!“ ein, das wohl bekannteste Bergmannslied.
Die Probeaufnahme liess ich ab einem Mp3-player im Keller des Ausstellungsorts (das alte Postgebäude von Kerkrade) als Loop abspielen. Beim Durchgehen der Ausstellung wird der/die BesucherIn von den leisen Geräuschen der Gesangsprobe aus dem Keller begleitet.


Media:

Blow up

(Mit freundlicher Genehmigung des Rijckheyt (Centrum voor regionale geschiedenis, Heerlen) und des Amateurfilmclubs Hoensbroek)

The Miners' Monument (Video installation, Loop)

The Rehearsal (Sound installation, Loop)


Many thanks to: